Gutachten zu Anzeigepflichten für Steuergestaltungen: BStBK-Zweifel an Verfassungsmäßigkeit bestätigt
Das derzeit diskutierte Vorhaben einer allgemeinen Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen kann nicht verfassungskonform eingeführt werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Gutachten von Prof. Dr. Jur. Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität zu Köln. Es wurde im Auftrag der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) erstellt und untersuchte die Verfassungsmäßigkeit der Einführung einer allgemeinen Anzeigepflicht für Steuergestaltungen auf nationaler Ebene.
(...)
Um den aggressiven Steuergestaltungen einzelner beizukommen, wollen die EU-Kommission und die Länderfinanzminister eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle einführen. Der aktuelle EU-Richtlinienvorschlag plant eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Modelle. Parallel dazu erarbeitet eine Arbeitsgruppe von Finanzstaatssekretären der Bundesländer eine Anzeigepflicht fürnationale Steuergestaltungen. Beide Pläne sollen Berater oder Steuerpflichtige dazu verpflichten, ihre geplanten legalen Steuergestaltungen an das Finanzamt zu melden. Gerade die Ausweitung auf nationale Gestaltungen, wie sie die Finanzminister beabsichtigt, beträfe jede legale Beratungstätigkeit eines Steuerberaters in Deutschland.
Laut Prof Dr. Hey verstößt eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen gegen die folgenden Grundsätze des deutschen Steuerrechts:
• Gleichheitsgerechte Besteuerung (Art 3 Abs. I GG)
Um eine gleichheitsgerechte Besteuerung zu gewährleisten, muss der Gesetzgeber Gesetzeslücken schließen. Hierbei gilt der rechtsstaatliche Grundsatz: es ist originäre Aufgabe des Gesetzgebers festzustellen, an welchen Stellen Gesetzeslücken vorliegen. Eine sanktionierte Anzeigepflicht von Gesetzeslücken ist mit der rechtsstaatlichen Aufgabenverteilung zwischen Bürger und Staat mithin nicht zu vereinbaren und damit unangemessen.
• Bestimmtheitsgebot (Art. 103 GG)
Dem Vorhaben wohnt ein unauflösbares Dilemma inne: der Tatbestand muss möglichst weit gefasst sein, damit Gesetzeslücken identifiziert werden. Das führt aber dazu, dass Betroffene die Normen kaum verstehen und daher auch nicht anwenden können. So müsste nahezu jede Steuergestaltung – sei sie noch so trivial und legal – gemeldet werden. Im Ergebnis kommt es zu einer verfassungswidrigen Unbestimmtheit.
• Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. I GG)
Infolge der geplanten Regelung könnten viele Steuerberater ihren Beruf kaum noch wirtschaftlich sinnvoll weiterführen. Da es für einen solchen Eingriff keine Legitimation gibt, erweist sich die geplante Anzeigepflicht als unverhältnismäßig.
• Geschütztes Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und seinem Mandanten (Art. 12 Abs. I GG)
Das Vertrauensverhältnis ist unverzichtbare Bedingung der steuerberatenden Berufsausübung. Würden diese Beratungsgespräche anzeigepflichtig, ist diese Vertraulichkeit nicht mehr gewährleitet.
• Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. I i.V.m. Art. 1 Abs. I GG)
Die geplante Datensammlung zu unbestimmten oder noch nicht bestimmten Zwecken ist gemäß dem Bundesverfassungsgericht grds. unzulässig.
(...)
Das Gutachten steht hier zum Download zur Verfügung: Gutachten von Prof. Johanna Hey
(...)
Um den aggressiven Steuergestaltungen einzelner beizukommen, wollen die EU-Kommission und die Länderfinanzminister eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle einführen. Der aktuelle EU-Richtlinienvorschlag plant eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Modelle. Parallel dazu erarbeitet eine Arbeitsgruppe von Finanzstaatssekretären der Bundesländer eine Anzeigepflicht fürnationale Steuergestaltungen. Beide Pläne sollen Berater oder Steuerpflichtige dazu verpflichten, ihre geplanten legalen Steuergestaltungen an das Finanzamt zu melden. Gerade die Ausweitung auf nationale Gestaltungen, wie sie die Finanzminister beabsichtigt, beträfe jede legale Beratungstätigkeit eines Steuerberaters in Deutschland.
Laut Prof Dr. Hey verstößt eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen gegen die folgenden Grundsätze des deutschen Steuerrechts:
• Gleichheitsgerechte Besteuerung (Art 3 Abs. I GG)
Um eine gleichheitsgerechte Besteuerung zu gewährleisten, muss der Gesetzgeber Gesetzeslücken schließen. Hierbei gilt der rechtsstaatliche Grundsatz: es ist originäre Aufgabe des Gesetzgebers festzustellen, an welchen Stellen Gesetzeslücken vorliegen. Eine sanktionierte Anzeigepflicht von Gesetzeslücken ist mit der rechtsstaatlichen Aufgabenverteilung zwischen Bürger und Staat mithin nicht zu vereinbaren und damit unangemessen.
• Bestimmtheitsgebot (Art. 103 GG)
Dem Vorhaben wohnt ein unauflösbares Dilemma inne: der Tatbestand muss möglichst weit gefasst sein, damit Gesetzeslücken identifiziert werden. Das führt aber dazu, dass Betroffene die Normen kaum verstehen und daher auch nicht anwenden können. So müsste nahezu jede Steuergestaltung – sei sie noch so trivial und legal – gemeldet werden. Im Ergebnis kommt es zu einer verfassungswidrigen Unbestimmtheit.
• Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. I GG)
Infolge der geplanten Regelung könnten viele Steuerberater ihren Beruf kaum noch wirtschaftlich sinnvoll weiterführen. Da es für einen solchen Eingriff keine Legitimation gibt, erweist sich die geplante Anzeigepflicht als unverhältnismäßig.
• Geschütztes Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und seinem Mandanten (Art. 12 Abs. I GG)
Das Vertrauensverhältnis ist unverzichtbare Bedingung der steuerberatenden Berufsausübung. Würden diese Beratungsgespräche anzeigepflichtig, ist diese Vertraulichkeit nicht mehr gewährleitet.
• Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. I i.V.m. Art. 1 Abs. I GG)
Die geplante Datensammlung zu unbestimmten oder noch nicht bestimmten Zwecken ist gemäß dem Bundesverfassungsgericht grds. unzulässig.
(...)
Das Gutachten steht hier zum Download zur Verfügung: Gutachten von Prof. Johanna Hey
PM Bundessteuerberaterkammer vom 02.03.2018